»Am Backstein schätze ich seine Archaik, Robustheit und Ursprünglichkeit.«

Roger Boltshauser, aus Vorteile, Das Backstein-Magazin 2015

Das Europäische Zentrum der Backsteinbaukunst e. V.

Auf Initiative von Prof. Dr. Gottfried Kiesow, vormaliger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, wurde am 06. April 2005 das Europäische Zentrum der Backsteinbaukunst e.V. gegründet.

Gründungsmitglieder waren:
der geschätzte polnische Denkmalpfleger Prof. Dr. Andrzej Tomaszewski sowie
Enewald Falkenlöwe Simonsen, Seniorchef des dänischen Ziegelherstellers Falkenlöwe.

Unsere Geschichte

Was war der Anlass für die Gründung?

Mit der Deutschen Einheit bekamen der Denkmalschutz und die Denkmalpflege in den neuen Bundesländern einen höheren Stellenwert. Entsprechende Finanzierungen machten die Sanierung und Restaurierung vieler historischer Backsteinbauten möglich. Nach Jahren des Mangels und des Verfalls waren vielerorts auch das Wissen um die denkmalpflegerischen Sanierungen und die notwendigen handwerklichen und bautechnischen Fähigkeiten und Fertigkeiten verlorengegangen und mussten neu erarbeitet werden.

Der Wiederaufbau der St.-Georgen-Kirche in der Hansestadt Wismar erfüllte zu diesem Zeitpunkt alle Voraussetzungen als Musterbaustelle und Beispiel für fachliche Diskussionen.

Als größtes Förder- und Bauprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Hansestadt Wismar hatte der Bau dieser gotischen Backsteinkathedrale eine bundesweite Ausstrahlung und initiierte die Bildung eines Netzwerkes zwischen nord- und osteuropäischen Fachleuten. Zeitgleich und in unmittelbarer Nachbarschaft  erfolgte die Sanierung des Turmes der 1960 gesprengten Marienkirche, und es wurden im Bereich des ehemaligen Kirchenschiffes archäologische Grabungen  durchgeführt.

Wismar bot mit seinem Gotischen Viertel somit alle Möglichkeiten  für archäologische und bauphysikalische Untersuchungen und befasste sich zwangsläufig mit der Baukultur der spätgotischen Backsteinkirchen und der historischen Backsteinarchitektur zwischen Lüneburg im Westen und Wolgast im Osten.

Die St.-Georgen-Kirche wurde ein Aufbauprojekt deutsch-deutscher Solidarität und zugleich ein spannendes Thema für die Denkmalpflege und die Bauforschung.

Wege zur Backsteingotik

Die Gründung des Europäischen Zentrums hatte einen langen Vorlauf. Dazu gehörte die umfangreiche Vorarbeit zur Ausstellung „Wege zur Backsteingotik“. Sie  offenbarte den Bedarf an weiterer Befassung mit diesem Baumaterial. Die Ausstellung war ein Gemeinschaftsprojekt der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, des NDR, der Hansestädte Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald und der Evangelischen Kirche.

Europäische Route der Backsteinbaukunst

Nachfolgend und folgerichtig wurde aus den „Wegen zur Backsteingotik“ die „Europäische Route der Backsteingotik“.

Backstein als universeller Baustoff

Backstein ist aber nicht nur das Baumaterial der Gotik, sondern alle Baustile haben diesen Kunststein für  ihre  Bauten verwendet. So wurde unter allen Beteiligten das Thema der Backsteingotik auf die Backsteinbaukunst ausgeweitet.

Seit Mitte des 12. Jahrhunderts nutzen die nordeuropäischen Städte und Siedlungen für ihre großen Bauaufgaben den Backstein als bevorzugtes Material. In vielen Gebieten ist der Backstein zum Identität stiftenden Material geworden.

Diese Baukultur muss gepflegt, erforscht und bewahrt werden.

Wer braucht so ein Backsteinzentrum?

Kunsthistoriker, Denkmalpfleger, Architekten, Stadtplaner und Tourismusexperten, Städte, Regionen und einzelne Länder beschäftigen sich immer wieder mit dem Thema Backstein und brauchen Plattformen zur Kommunikation.

Es hat viele Versuche gegeben, alle diese Untersuchungen, Forschungen und Betrachtungen zusammenzuführen.

Darum haben sich besonders als Protagonisten für die Backsteinbaukunst bemüht:

Prof. Gerhard Eimer (Frankfurt/Main,)
Prof . Dr. Gottfried Kiesow (Wiesbaden),
Prof. Ernst Badstübner (Greifswald),
Dr. Rehm von der Nord LB und
Prof. Andrzej Tomaszewski (Warschau)

Die Initiative in Malborg/Marienburg (Polen) von 1996 blieb leider ohne Fortsetzung.

Erstmals ist es in Wismar gelungen, mit 18 Backsteinbaukunst-Kongressen in Folge Ort und Thema zu verstetigen.

Ehrenmitglieder des Europäischen Zentrums der Backsteinbaukunst e.V.

Prof. Dr. Ojars Sparitis, Präsident  der Akademie der Wissenschaften Riga (Lettland)
Prof. Wladimir Gilmanov, Staatliche Immanuel-Kant-Universität Kaliningrad (Russland)

Das Europäische Zentrum der Backsteinbaukunst e. V. ist auf Langfristigkeit angelegt und wird mit einer Gruppe von Kunsthistorikern, Architekten, Kommunalpolitikern, Baufachleuten, Bauunternehmern und interessierten Laien organisiert.

Aktivitäten des Backsteinzentrums

Neben der Vorbereitung und Teilnahme an den Backsteinbaukunstkongressen sind eigene Veranstaltungen und die Teilnahme an Initiativen und Projekten anderer Organisationen und Institutionen Grundlage für die programmatische Arbeit des Zentrums.

Argumente für ein Backsteinzentrum

Das Gründungsmitglied Prof. Andrzej Tomaszewski entwarf gemeinsam mit Prof. Dr. Gottfried Kiesow Strategien für den Denkmalschutz entsprechend den Bauaufgaben der Nachwendezeit. Dazu gehörte auch das Bauen mit Backstein.

Ziele des Backsteinzentrums:

  • Anstoß zu geben zur kulturhistorischen Einordnung der Backsteinarchitektur, zur Aufwertung ihrer Bedeutung für die Kulturgeschichte sowie zur stärkeren Beachtung in Wissenschaft und Bauforschung,
  • die Förderung von Bestandsaufnahmen und Bauforschung zu Denkmalen aus Backstein,
  • der Nachwuchsforschung auf den Veranstaltungen und Kongressen eine Plattform zu bieten,
  • die Nachhaltigkeit des Materials herauszustellen,
  • die Stärkung der europäischen Netzwerkbildung zum Thema Backsteinbaukunst.

Das Europäische Zentrum der Backsteinbaukunst e. V. ist auf Langfristigkeit angelegt und wird mit einer Gruppe von Kunsthistorikern, Architekten, Kommunalpolitikern, Baufachleuten, Bauunternehmern und interessierten Laien organisiert.

(Fotos: C. Richter)

Rede von Prof. Andrzej Tomaszewski auf dem 1. Backsteinbaukunst-Kongress im September 2006:

„Diese Tagung hat eine wenig bekannte, bald dreißigjährige Vorgeschichte.
Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ergriff der damalige Vorsitzende der deutschen UNESCO-Kommission, der berühmte Gotik-Forscher Prof. Otto von Simon, eine diplomatische Initiative, um eine internationale Backsteingotik-Konferenz zu organisieren. Das Ziel dieser Konferenz sollte nicht nur ein wissenschaftliches sein. Von der überstaatlichen Verbreitung dieser Architektur im durch den "Eisernen Vorhang" geteilten Europa profitierend, wollte man ein Treffen von Kunsthistorikern aus beiden damaligen deutschen Staaten, aus Polen und aus den baltischen Republiken der Sowjetunion ermöglichen, um sie auf diese Weise für eine internationale Zusammenarbeit zu gewinnen.
Das einzige Land, in dem damals eine solche Konferenz denkbar gewesen wäre, war Polen. Das Regime von Edward Gierek, das große Kredite von der Bundesregierung bekam, akzeptierte den westdeutschen Vorschlag. Die polnische UNESCO-Kommission bekam die Erlaubnis, die Konferenz zu organisieren.
Im Jahre 1979 wurde ich von Prof. von Simon zum Organisatorenkreis hinzugezogen. Ich sollte die Gespräche in Moskau zwecks Teilnahme der baltischen Kollegen an der Tagung übernehmen. Die sowjetische Antwort war ein rigoroses „Nein“. So durften auch die DDR-Kollegen nicht kommen. Die Idee wurde daher fallengelassen.

Aber vor 10 Jahren, im schon vereinigten Europa, haben wir in Polen den Gedanken des inzwischen verstorbenen Prof von Simon doch wieder aufgenommen. Im Herbst 1996 fand in Marienburg/Malborg die Internationale Konferenz „Backstein in der Architektur Ostmitteleuropas“ statt, von der nach ein paar Jahren ein Buch erschien. Unsere Hoffnung, mit dieser Konferenz eine regelmäßige Zusammenarbeit zu initiieren, hat sich aber nicht erfüllt.“

Bildergalerie

Termine

28.08.2024

19. Internationaler Kongress BACKSTEINBAUKUNST "Backstein - beständig neu" - 29.08. und 30.08.2024

Veranstalter: Hansestädte Wismar, Stralsund, Lübeck und Rostock, das Europäische Zentrum der Backsteinbaukunst e.V. sowie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz

Mehr erfahren